Zentraler Gedenkort für die Opfer des Nationalsozialismus
SPD-Antrag zur Stadtratssitzung
Gedenken an Opfer des Nationalsozialismus in Frankenthal
Antrag der SPD-Stadtratsfraktion
75 Jahre nach der Deportation der jüdischen Bevölkerung der Pfalz und Badens nach Gurs und 75 Jahre nach dem Beginn der massenhaften Tötung von psychisch kranken und behinderten Menschen aus der pfälzischen Heil- und Pflegeanstalt Klingenmünster beschließt der Stadtrat der Stadt Frankenthal:
- Das Stadtarchiv wird beauftragt, in Zusammenarbeit mit dem Verein für jüdisches Gedenken – soweit möglich - eine Liste mit den Namen und den Schicksalen aller Frankenthaler Opfer von politischer, rassenideologischer und sozialdarwinistischer Verfolgung und Vernichtung durch die Nationalsozialisten sowie den in Frankenthal zu Tode gekommenen Zwangsarbeitern und Kriegsgefangenen zu erarbeiten.
- Die Anregung des Fördervereins für jüdisches Gedenken für einen zentralen Gedenkort in Frankenthal, an dem in würdiger Weise aller derjenigen gedacht wird, die als Frankenthaler Bürger und Bürgerinnen oder aber als nach Frankenthal Verschleppte Opfer von NS-Diktatur und nationalsozialistischen Rassenwahn geworden sind.
- An diesem Gedenkort soll den Opfern insbesondere durch die Nennung ihrer Namen Ihre Würde zurückgegeben und ihr persönliches Schicksal vor dem Vergessen bewahrt werden.
- Es wird geprüft, ob und wie in welcher künstlerisch gestalteten Form im Zuge der Neugestaltung des Bahnhofsvorplatzes das Anliegen eines zentralen, würdigen Gedenkorts realisiert werden kann, weil dieser Bereich nicht nur städtebaulich diese Funktion erfüllen könnte, sondern auch weil gerade seine vom Stadtrat beschlossene Umbenennung in „Richard-von-Weizsäcker-Platz“ angesichts der besonderen Verdienst des verstorbenen Bundespräsidenten um die Aufarbeitung und Deutung der Geschichte Deutschlands im Nationalsozialismus in besonderer Weise geeignet erscheint.
Begründung:
Die Erfahrung und die Aufarbeitung der Verbrechen des Nationalsozialismus haben den Wertekanon des Grundgesetzes geprägt und gehören zur Staatsräson der Bundesrepublik, müssen aber durch Gedenken und Erinnern an die Opfer immer wieder wach gehalten und neu gedacht werden.
Zum Gedenken an die jüdischen Opfer des Nationalsozialismus gibt es in Frankenthal zum einen den – einem Kinderspielplatz vorgelagerten – Gedenkstein im früheren Bereich der Frankenthaler Synagoge, der allgemein an die Geschichte der jüdischen Gemeinde in Frankenthal und das Schicksal erinnert. Zum anderen hat der Verein für jüdisches Gedenken zusammen mit vielen privaten Spendern für die jüdischen Opfer mittlerweile 61 „Stolperstein“ durch den Kölner Künstler Gunter Demig verlegen lassen.
Es fehlt nicht nur ein zentraler Gedenkort, an dem allen jüdischen Opfern wieder ein, ihr Namen gegeben wird, sondern ein Ort, an dem auch den anderen Menschen, die Opfer politischer, rassenideologischer und sozialdarwinistischer Verfolgung und Vernichtung geworden sind.
In einem ersten Schritt müsste federführend durch das Stadtarchiv eine solche Liste auf wissenschaftlicher Grundlage nach dem gegenwärtigen Erkenntnisstand erarbeitet werden, für die es in Bezug auf die jüdischen Opfer weit fortgeschrittene Vorarbeiten durch Herrn Paul Theobald und den Verein für jüdisches Gedenken gibt. Anschließend wäre die Frage des Standorts und damit auch die mögliche, künstlerisch gestaltete Form der Realisierung zu prüfen und zu entscheiden. Durch die herausgehobene städtebauliche Lage, die Publikumsfrequenz und nicht zuletzt auch durch die vom Stadtrat beschlossene Benennung des neu zu gestaltenden Bahnhofsvorplatzes nach dem verstorbenen Bundespräsidenten Richard v. Weizsäcker erscheint uns dieser Bereich in besonderer Weise geeignet. Für die Integration einer solchen „Namenstafel“ in einen solchen Platz gibt es mehrere hervorrgende Beispiele, nicht zuletzt auch z.B. den Mannheimer Gedenk-Kubus mitten auf dem Paradeplatz.