SPD versagt Zustimmung zu Jahresabschlüssen der Stadtklinik
Ungereimtheiten und Millionenberaterverträge
In der Sitzung des Krankenhaus-Ausschusses am 19. Januar 2022 hat die SPD-Fraktion den für die Jahre 2018 und 2019 vorgelegten Jahresabschlüssen der Stadtklinik ihre Zustimmung versagt. Das Verfahren der Verwaltung verlange von den Ratsgremien ein hohes Maß an Schizophrenie: Der vom damaligen Wirtschaftsprüfer uneingeschränkt testierte Abschluss für 2018 - schon im September 2019 vorgelegt - werde vom Prüfer für den Abschluss für 2019 für fehlerhaft erklärt, sollte aber gleichwohl beschlossen werden. Und im Jahresabschluss für 2019 sind die ersten rd. 2 Millionen Euro aus dem über 4 Millionen Euro großen Topf der vom Oberbürgermeister ohne Limit und meist an den Ratsgremien vorbei vergebenen Beratungsverträge zur Aufklärung der sogenannten "Stadtklinik-Affäre" enthalten. Während der Abschluss für 2018 noch mit einem Plus von 444 T€ abschließt, wird für das Jahr 2019 nicht zuletzt wegen der Beratungskosten und Rückstellungen für Abrechnungsrisiken ein Defizit von rd. 6 Mio € vorgelegt. Nach Ansicht der SPD muss zudem, nachdem das Eigenkapital der Stadtklinik aufgebraucht ist, die Stadt als Träger des Eigenbetriebs Kapital zuschießen.
Die Stellungnahme des SPD-Sprechers Dr. Dieter Schiffmann:
Stellungnahme der SPD zu den Drs. XVII/2095 und XVII/2092 Jahresabschlüsse der Stadtklinik 2018 und 2019
Mit den heute zur Abstimmung vorgelegten Jahresabschlüssen und Prüfberichten für die Jahre 2018 und 2019 verlangt der Oberbürgermeister von uns ein hohes Maß an Schizophrenie. Da ist ein geprüfter und mit uneingeschränktem Testat versehener Jahresabschluss für das Jahr 2018, der mit einem Überschuss von 445 T€ abschließt, dem aber gleichzeitig der von einer anderen Kanzlei erstellte Prüfbericht für das Jahr 2019 bescheinigt, dass er eigentlich mit einem Jahresfehlbetrag von 954T€ hätte abschließen müssen. Wir sollen also einen Jahresabschluss feststellen, der nach Ansicht von OB, Stadtklinik und neuer Prüfkanzlei erheblich fehlerhaft ist.
Die Begründung für diese schizophrene Verfahren, dass eine Nachtragsprüfung des im September 2019 vorgelegten Jahresabschlusses wegen fehlenden Vertrauens in den bisherigen Prüfer bzw. wg. der Kosten einer neuen Prüfung verzichtet wurde, überzeugt nicht. Zum einen, weil der Prüfer Ludwig offenkundig das Vertrauen des OB verloren hat, nachdem er die vom OB und seinen Beratern vermuteten Abrechnungsrisiken so nicht oder nicht in diesem Umfang gesehen hatte. Und zum anderen mutet die Begründung mit den Kosten einer Nachprüfung angesichts von mittlerweile mindestens rd. 4,5 Mio € Beratungskosten - gelinde gesagt - etwas skurril an.
Nachdem mittlerweile alle arbeitsgerichtlichen Prozesse wegen der Kündigung des früheren kaufmännischen Direktors verloren gegangen sind, hätten wir zudem erwartet, dass dann auch für das Risiko der höchstwahrscheinlich zu zahlenden Abfindung im sechsstelligen Bereich noch eine entsprechende Rückstellung erfolgt wäre.
Wir hätten darüber hinaus – wir schreiben ja mittlerweile das Jahr 2022 – erwartet, dass Zahlen vorgelegt worden wären, was bisher an konkreten Zahlungen aus den für 2019 verbuchten Rückstellungen für Abrechnungs- und Sozialversicherungsrisiken tatsächlich erfolgt ist.
Wie die Verwaltung selbst ausführt, hätte die Stadtklinik ohne die exorbitanten Beratungskosten und die übrigen periodenfremden Aufwendungen in 2019 statt eines vorgelegten Jahresfehlbetrags von rd. 6 Mio € lediglich einen Fehlbetrag von 954 T€ erwirtschaftet. Und das unter den schwierigen Bedingungen der letzten vier Monate des Jahres nach dem Bekanntwerden der Vorwürfe in der Süddeutschen Zeitung, die sich dann zur sogenannten “Stadtklinikaffäre“ ausgeweitet haben oder ausgeweitet wurden. Das spricht für die Qualität der medizinischen Versorgung in unserer Stadtklinik. Bei dem jetzt vorlegten Fehlbetrags für 2019 gehen rd. 2 Mio € in einer ersten Tranche auf die Kosten für Ernst und Young und die anderen Berater zurück. Mit anderen nicht spezifizierten Ausgaben summieren sich diese Ausgaben unter der Rubrik „übriger Betriebsaufwand“ uaf 3 Mio €. In den nächsten Jahresabschlüssen werden dann die restlichen Millionen für die Berater verbucht werden.
Es bleiben darüber hinaus noch Fragen offen. Zum Beispiel, was bedeutet die Feststellung, dass mit dem vorgelegten Jahresabschluss 2019 das Eigenkapital der Klinik aufgebraucht ist und jetzt statt mit 4,5 Mio € wie noch in 2018 mit einem negativen Betrag in Höhe von1,4 Mio € veranschlagt wird? Kann dieses fehlende Eigenkapital durch die Sonderposten für Investitionszuschüsse wirklich aufgewogen werden? Hier muss der Träger, die Stadt zwangsläufig mit Kapitalzuführungen an die Stadtklinik einspringen.
Da der große Fehlbetrag in 2019 ja nur der Auftakt ist zu den für die nächsten beiden Jahre und auch für 2022 geplanten Fehlbeträgen in Millionenhöhe, die sich kumuliert wohl im Bereich von rd. 13-15 Mio € bewegen werden: Was bedeutet das für die Finanzierung des Eigenanteils an den anstehenden Investitionen? 11 Mio € Eigenanteil an den Kosten der Baumaßnahme kann die Klinik nicht stemmen. Die Vermarktung des Geländes der Tagesklinik Ecke Foltzring/Lindenstraße wird ja nur einen Teilbetrag beisteuern können.
Unter den obwaltenden Umständen und der vielen Ungereimtheiten werden wir beiden Jahresabschlüssen nicht zustimmen.
Beim Jahresabschluss 2018 werden wir uns der Stimme enthalten, nachdem er ja im Streit steht. Allerdings gehen wir davon aus, dass entgegen – aus unserer Sicht - durchaus ehren- und standesrühriger öffentlicher Bewertungen seitens der Verwaltung, der Prüfer Herr Ludwig nach den Regeln der Wirtschaftsprüfer auf Grund der ihm damals vorliegenden Daten und Sachverhalte ordnungsgemäß gearbeitet hat. Den Jahresabschluss für 2019 werden wir ablehnen, weil hier nach unserer Ansicht zu Lasten der Klinik unverantwortlich, ohne jedes Limit und in großem Umfang an den Ratsgremien vorbei das Geld für die Beratungsunternehmen mit vollen Händen ausgegeben wurde. Und weil ein Teil der rechtlichen Beratung bei der Form und der Begründung der ausgesprochenen Kündigungen zum Fiasko vor den Arbeitsgerichten geführt hat, mit erheblichen noch nicht genau abzuschätzenden finanziellen Belastungen für die Klinik.